Page 14 - xpress_Ausgabe 19.3
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Titelgeschichte




        gesenkt werden. Frist für die erste Absen-  Innerärztliche Telekonsile   innovative Versorgungsansätze beziehungs-
        kungsstufe soll der neunte auf die Verkündung                          weise Versorgungshypothesen zu entwickeln.
        des Gesetzes folgende Monat sein.          werden künftig              In der Gesetzesbegründung heißt es an dieser
        Telemedizin wird ausgebaut – ein bisschen  extrabudgetär vergütet.     Stelle, dass die Krankenkassen als Treiber für
                                                                               digitale Versorgungsinnovationen gestärkt
        Eher knapp fallen im DVG-Entwurf die Neue-                             werden sollen. Vielversprechend aus Kranken-
        rungen im Bereich Telemedizin aus. Das er-  rabudgetär vergüten. Außerdem wird via  kassensicht – und nicht zuletzt aus Sicht der
        staunt ein wenig, denn die Telemedizin war im  Heilmittelwerbegesetz das Werbeverbot für  Start-up-Szene – dürfte auch der neue Absatz 3
        Vorfeld von Regierungsvertretern immer wie-  telemedizinische Angebote gelockert.  des §263 sein. Hier wird den Krankenkassen
        der als ein zentraler Bestandteil des geplanten                        erlaubt, bis zu 2 Prozent ihrer Finanzreserven
                                           Mehr Rechte für Krankenkassen
        Gesetzes genannt worden. Wer sich Regelungen                           in Kapitalbeteiligungen für die Förderung di-
        erhofft hatte, die den sogenannten telemedizi-  Der dritte große Pfeiler des Digitale Versor-  gitaler Investitionen anzulegen, wobei die Ka-
        nischen Erstkontakt befördern, sieht sich ent-  gung Gesetz hat mit Arztpraxen unmittelbar  pitalbindungsdauer zehn Jahre nicht über-
        täuscht. Er kommt im Gesetz nicht vor.  wenig zu tun, könnte sich aber perspektivisch  schreiten darf.
          Eingang gefunden haben Telekonsile, die  auf die Versorgungslandschaft auswirken:
                                                                               Peter Struck lässt grüßen
        deutlich ausgebaut werden sollen. Das Modell  Krankenkassen sollen im Hinblick auf die von
        ist hier das telemedizinische Röntgenkonsil,  ihnen rechtmäßig erhobenen und gespeicher-  Klar ist: Das DVG ist noch kein Bundesrecht, es
        für das es im ambulanten Bereich seit März  ten Versichertendaten, inklusive der vertrags-  ist vorerst nur ein Referentenentwurf. Er geht
        2017 eine EBM-Ziffer gibt und das in der Nische,  ärztlichen Versorgungsdaten, mehr Rechte  jetzt durch die Kommentierung der Verbände,
        in der es sich bewegt, recht gut angenommen  erhalten. Sie sollen künftig umfangreicher mit  wird zu einem Kabinettsentwurf und geht dann
        wird und von den meisten Beteiligten gute No-  diesen Daten arbeiten dürfen und Patienten  in den Deutschen Bundestag. So gesehen sind
        ten bekommt. Hier will man aufsetzen, durch  leichter kontaktieren können. Die Krankenkas-  alle geschilderten Maßnahmen und Pläne von
        weitere Konsilziffern, die der Bewertungsaus-  sen können diese neuen Spielräume beispiels-  Jens Spahn noch als vorläufig zu betrachten.
        schuss „prüfen“ soll. Ausdrücklich erwähnt in  weise zur Vereinfachung der Nachweisführung  Im politischen Berlin gibt es dafür sogar einen
        der Gesetzesbegründung werden die existie-  im Rahmen von Bonussystemen nutzen, was  Namen, das „erste Strucksche Gesetz“, das auf
        renden Expertenkonsile PädExpert, ZNS-Tele-  unter anderem die bisher sozialrechtlich ex-  den ehemaligen Bundesverteidigungsminister
        konsil und Telederm. Die sind aber nur als  trem mühsame Einführung digitaler Zahnbo-  und Fraktionsvorsitzenden der SPD, den mitt-
        Beispiele gedacht. Das Ganze erhält dadurch  nushefte vereinfachen könnte.   lerweile verstorbenen Peter Struck, zurück-
        einen gewissen Drive, dass den Telekonsilen   Deutlich vereinfacht werden soll den Kos-  geht. Das erste Strucksche Gesetz besagt: „Kein
        eine besondere Förderungswürdigkeit zuge-  tenträgern auch die Auswertung der rechtmä-  Gesetz kommt aus dem Parlament so heraus,
        sprochen wird: Die Krankenkassen sollen die-  ßig erhobenen und gespeicherten versicherten-  wie es eingebracht worden ist.“<
        se Telekonsile für mindestens zwei Jahre ext-  bezogenen Daten, um auf dieser Grundlage        $ PHILIPP GRÄTZEL

        INFO     APOTHEKERVERBAND PLANT EINE REZEPT-APP                           Q

          ELEKTRONISCHES REZEPT. Mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arz-  plattformen unkomplizierter verzahnen, was den Apothekern in die Hände
          neimittelversorgung (GSAV), das voraussichtlich im Laufe des Sommers in   spielt. Die wollen ihre App nämlich auch als über die Rezeptübermitt-
          Kraft treten wird, hat das Bundegesundheitsministerium wichtige Hinder-  lung hinausgehendes Kommunikationswerkzeug zwischen Apotheke und
          nisse auf dem Weg zu elektronischen Rezepten in Deutschland aus dem   Patient nutzen. Web-Apps gelten auch als etwas kostengünstiger. Das ist
          Weg geräumt. Doch wie wird ein digitales Verordnungswesen in Deutsch-  bei den Apothekern deswegen ein Thema, weil die App durch die Landes-
          land konkret aussehen? Völlig klar ist das noch nicht, aber erste Umrisse   apothekerkammern finanziert wird und komplett werbefrei sein soll.
          sind erkennbar.                                      Einzelne Landesapothekerkammern sind ohnehin schon auf dem Weg in
            So soll der Deutsche Apothekerverband (DAV) die Einführung des   Richtung eRezept. Noch in diesem Sommer soll in Baden-Württemberg
            eRezepts federführend koordinieren, als ein „primus inter pares“, unter-  „Gerda“ starten, ein OnlineRezeptspeicher, der von der Netzgesellschaft
          stützt von KBV und GKV-Spitzenverband. Mittlerweile hat der DAV seine   Deutscher Apotheker (NGDA) entwickelt wird. Über Schnittstellen sollen
          Vorstellungen präzisiert: „Deutschlands Apotheker wollen allen Patienten   Ärzte – vorerst außerhalb der Telematikinfrastruktur – verschlüsselte Rezep-
          eine kostenfreie, wettbewerbsneutrale und leicht bedienbare App anbieten,   te in „Gerda“ ablegen können. Der Patient kann das Rezept dann über eine
          mit der sie eRezepte einsehen und einlösen können“, sagte DAV-Chef Fritz   App oder Desktop-Anwendung einlösen, wo er möchte, und er kann es auch
            Becker beim Wirtschaftsforum des Verbands im Mai in Berlin. Die DAV-App   elektronisch weiterleiten. „Gerda“ wird in erster Linie für eine Nutzung im
          soll von den Apothekern an die Patienten gebracht werden und allen Apo-  Rahmen des Telemedizinprojekts „docdirekt“ der KV Baden-Württemberg
          theken wettbewerbsneutral zur Verfügung stehen.    entwickelt. Dort sollen die telemedizinischen Ärzte bald auch Rezepte aus-
            Technisch strebt der DAV eine sogenannte Web-App an, sprich eine mo-  stellen dürfen, sobald das GSAV dies gestattet. Vor dem Hintergrund der
          bile Webseite, programmiert in HTML5. Das hat Vor- und Nachteile. Web-  DAV-Pläne für ein eRezept bekommt das Projekt der Baden-Württemberger
          Apps sind flexibler und lassen sich mit breiter angelegten Kommunikations-  aber auch eine bundesweite Bedeutung.<



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