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Titelgeschichte




        außen vor. Verantwortlich für die Aufnahme  Online-Anbindung der Arztpraxis künftig nicht  lungsleiter Digitalisierung im Bundesgesund-
        von Anwendungen in diese „Liste“, die eine  mehr freiwillig sein wird. Bisher gab es mit  heitsministerium, will aber genau hinsehen,
        Erstattung präjudiziert, soll das BfArM sein,  dem sogenannten Stand-alone-Szenario ein  wie sich die Situation entwickelt: „Die Einigung
        eine dem Gesundheitsministerium nachgeord-  (selten genutztes) Modell, bei dem das On- auf Standardschnittstellen ist nicht nur im In-
        nete Behörde. Die Aufnahme in das Verzeichnis  line-Versichertenstammdatenmanagement  teresse der Patienten und der medizinischen
        erfolgt auf Antrag des Herstellers, der darlegen  separat von der Praxis-IT an einem Einzelrech- Einrichtungen, sondern auch im Sinne der
        muss, dass das jeweilige Produkt – zusätzlich  ner durchgeführt wird. Die Verpflichtung, Not- IT-Unternehmen. Sollten wir feststellen, dass
        zu einer CE-Zertifizierung – gewisse Grundan-  falldaten auszustellen, lässt sich mit dem  der Prozess einen stärkeren Eingriff des Bun-
        forderungen an Sicherheit, Funktionstauglich-  Stand-alone-Szenario aber nur schwer verein- desgesundheitsministeriums benötigt, verfü-
        keit und Qualität erfüllt.          baren. Der DVG-Entwurf sieht deswegen vor,  gen wir über ausreichend Vorstellungskraft
           Zusätzlich müssen „positive Versorgungs-  diese Option komplett zu streichen.  und Energie, auch hier Wege zu finden.“
        effekte“ nachgewiesen werden, entweder von   Der Rechtsanspruch des Patienten auf Über-  Zu dem Anspruch der Politik, die inhaltliche
        Anfang an oder in einer einjährigen Pilotphase,  tragung von Behandlungsdaten in die ePA soll  Vereinheitlichung der digitalen medizinischen
        in der die Anwendung dann bereits finanziert  sowohl für Vertragsärzte als auch für Kranken- Kommunikation voranzutreiben, passt auch
        wird. Gelingt der Nachweis nicht, fliegt die  häuser am 1. Januar 2021 beginnen. Ein halbes  eine ganze Reihe neuer Anwendungen, die die
        Anwendung wieder aus dem BfArM-Verzeich-  Jahr später – so der Gesetzesentwurf – greift im  Betreiberorganisation der Telematikinfra-
        nis heraus. Die konkreten Erstattungsbeträge  vertragsärztlichen Bereich eine neue Malus-Re- struktur, die gematik, allesamt bis März 2021
        verhandelt der GKV-Spitzenverband mit den  gelung für ePA-Verweigerer unter den Ärzten.  technisch spezifizieren soll, und zwar als Teil
        Herstellern der digitalen Gesundheitsanwen-                            der elektronischen Patientenakten. Dazu ge-
        dungen, wobei auch erfolgsabhängige Preisbe-  Digitale Anwendungen     hören ein digitaler Impfpass, ein digitaler Mut-
        standteile enthalten sein sollen. Für die Arbeit                       terpass, ein digitales Kinder-U-Heft und ein
                                                   müssen positive
        des Arztes gibt es außerdem eine EBM-Ziffer.                           digitales Zahnbonusheft. Die gematik soll auch
        Das alles ist mit Fristen und Schiedsstellen                           prüfen, inwieweit das Managementprozedere
        hinterlegt. Die Gretchenfrage ist natürlich, was   Versorgungseffekte   bei ungewöhnlichen Impfreaktionen und Impf-
                                                   nachweisen, um
        genau die Kriterien sind, um eine BfArM-Lis-                           schäden sowie Erinnerungen an Auffrischimp-
        tung zu erhalten: Wie werden „positive Versor-                         fungen (§22 Absatz 3 IfSG) digital in der ePA
                                                 erstattet zu werden.
        gungseffekte“ definiert? Das ist noch offen.                           abgebildet werden können.
        Geregelt werden soll das in einer separaten
                                                                               Mehr IT-Sicherheit, weniger Faxe
        Rechtsverordnung des Bundesministeriums
        für Gesundheit.                     Wer bis dahin nicht das für die ePA-Nutzung  Auf Ebene der Arztpraxen gibt es neben den
                                            nötige Equipment installiert hat, bei dem wird  unmittelbar TI- und ePA-bezogenen Regelun-
        Rechtsanspruch für Patienten        das GKV-Honorar um 1 Prozent gekürzt. Unab-  gen noch ein paar weitere Neuerungen, die für
        Mit dem Verzeichnis digitaler Gesundheitsan-  hängig davon wird bei Vertragsärzten, die im  einige Aufregung sorgen dürften. So wird die
        wendungen erhalten Patienten – wenn es denn  März 2020 nicht an der Telematikinfrastruktur  Kassenärztliche Bundesvereinigung mit dem
        so kommt, wie geplant – einen Rechtsanspruch  sind, der ab Juli 2019 geltende Malus von 1 Pro-  neuen §75b beauftragt, IT-Sicherheitsanforde-
        auf die Nutzung bestimmter digitaler Anwen-  zent des GKV-Honorars auf 2,5 Prozent erhöht.  rungen für die vertrags(zahn)ärztliche Versor-
        dungen. Das Digitale Versorgung Gesetz will  Die gute Nachricht: Das „Management“ der Pa-  gung zu definieren und bis 31. März 2020 eine
        aber noch mehr Rechtsansprüche für die Pati-  tienten-ePA soll kein Ehrenamt sein. Bis zum   entsprechende Richtlinie zu formulieren.
        enten schaffen, die sich auf die Arztpraxen  1. Juli 2020 müssen sich Ärzte und Krankenkas-  Der Politik schwebt in Sachen Datensicher-
        auswirken. Insbesondere sollen Ärzte, die an  sen auf ein Abrechnungsmodell einigen, mit dem  heit bei Arztpraxen dabei offenbar eine Art
        der vertragsärztlichen Versorgung beteiligt  das Anlegen und Pflegen einer ePA vergütet  Zertifizierungssystem vor, bei dem die KBV
        sind, verpflichtet werden, auf Wunsch des Pa-  wird.                   IT-Dienstleister für Ärzte und Zahnärzte im
        tienten elektronische Notfalldaten anzulegen,                          Hinblick auf die neue IT-Sicherheitsrichtlinie
                                            Von Impfpass bis Zahnbonusheft
        und sie sollen – genauso wie die Krankenhäu-                           zertifiziert. Die Zertifizierung soll sicherstel-
        ser – auch verpflichtet werden, auf Wunsch des  Im Vorfeld des DVG war spekuliert worden, ob  len, dass der Dienstleister die nötigen Kennt-
        Patienten relevante Daten der jeweils aktuellen  das Ministerium auch bei der Interoperabilität  nisse und Fähigkeiten sowie „die notwendige
        Behandlung in eine elektronische Patienten-  stärker auf Sanktionen setzen wird. In den USA  Zuverlässigkeit“ – so die Gesetzesbegründung
        akte nach §291h (bisher §291a) einzuspielen,  hat das dortige Gesundheitsministerium An-  – mitbringt. Das Ganze soll in Abstimmung mit
        sofern der Patient über eine solche Akte verfügt  fang des Jahres angekündigt, sowohl IT-Unter-  dem Bundesamt für Sicherheit in der Informa-
        und das möchte.                     nehmen als auch medizinische Einrichtungen  tionstechnik erfolgen.
           Die elektronischen Patientenakten nach  mit empfindlichen Geldbußen zu belegen, wenn   Zurückgedrängt werden soll – nicht zuletzt
        §291h sind jene „ePA“, die die Krankenkassen  es für Patienten nicht unkompliziert möglich  aus Sicherheitsgründen – das Telefax, das in
        ihren Versicherten ab dem 1. Januar 2021 ver-  ist, ihre Daten elektronisch und im Einklang  Deutschland immer noch in vielen Praxen zu
        pflichtend anbieten müssen. Für Ärzte sind  mit vordefinierten Standards mitzunehmen.   Hause ist. Die Vergütung für Faxbefunde/
        diese Patientenansprüche deswegen relevant,   Vorerst will man darauf in Deutschland  Faxarztbriefe soll in zwei Schritten auf maximal
        weil sie dazu führen, dass die umfangreiche  noch verzichten. Gottfried Ludewig, Abtei-  ein Viertel der Vergütung eines E-Arztbriefs

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