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        INTERVIEW         „SCANNER WIRD ES AUCH IN ZEHN JAHREN NOCH GEBEN.“

          Rainer Svojanovsky ist Geschäftsführer des Unternehmens mediDOK, das seit 20 Jahren Archivierungslösungen
          für die Gesundheitsbranche entwickelt und vertreibt. Er bereitet sein Unternehmen auf die Anforderungen vor,
          die im Zuge der zunehmenden Digitalisierung der Medizin auf die Arztpraxen zukommen.

                                                                                                  RAINER SVOJANOVSKY    Abb.: mediDOK
          Î ÎGibt es in Deutschland niedergelassene Ärzte, die noch kein    schen Arztpraxen ist. Was aber zunehmend an Be-  Geschäftsführer des
          Archivsystem haben?                                deutung gewinnen wird, ist das Thema Patienten-  Archivsystem-Anbieters
                                                                                                  mediDOK
          Ja. Ich war erst vor Kurzem bei einem Arzt, der noch auf Karteikarten doku-  zentrierung. Wir bereiten uns darauf vor, dass Patien-
          mentiert. Seine Praxissoftware nutzt er nur zu Abrechnungszwecken. Dieser   ten mit digitalen Röntgenbildern oder Befundberichten auf ihren Smartpho-
          Arzt führt ein klassisches Papierarchiv. Aber das ist in Deutschland mittler-  nes in die Praxen kommen. Wie kommen das Röntgenbild und das Doku-
          weile die Ausnahme.                                ment auf das Smartphone, und wie von dort ins Archivsystem? Das sind die
                                                             Fragen, mit denen wir uns in den nächsten Jahren beschäftigen werden.
          Î ÎJedes Archiv wächst mit der Zeit. Welche Speicherkapazität empfehlen   Aber einen Scanner wird man sicherlich auch in zehn Jahren noch brauchen.
          Sie einer Arztpraxis?
          Die Speicherkosten spielen heute fast keine Rolle mehr. Und bis eine durch-  Î ÎDie EU-Datenschutz-Grundverordnung schreibt vor, dass Patientendaten
          schnittliche Arztpraxis 100 Gigabyte Speicherplatz für das Archiv benötigt,   nach einer bestimmten Zeitspanne gelöscht werden müssen. Kann man
          dauert es normalerweise einige Jahre. Bedenken Sie, dass eine schwarzweiß   Daten aus dem Archiv überhaupt löschen?
          gescannte Seite eines Arztbriefs eine Größe von 50 Kilobyte hat und ein Ul-  Früher bekamen wir Anfragen von Ärzten, weil sie ihre Daten langfristig
          traschallbild zwischen 250 und 500 Kilobyte. Datenfresser sind das digitale   speichern wollen. Heute erkundigen sich einzelne bereits, wie einfach es ist,
          Röntgen – CT- und MRT-Aufnahmen – sowie Bewegtbilder aus den Berei-  die Daten wieder zu löschen. Selbstverständlich kann der Arzt Daten aus ei-
          chen Kardiologie oder Gynäkologie.                 nem Archiv entfernen, die entsprechenden Berechtigungen vorausgesetzt.
                                                             Dieser Vorgang wird in einem Löschprotokoll festgehalten. Mit diesem Pro-
          Î ÎEine klassische Anwendung bei der Archivierung ist das Scannen.    tokoll kann der Arzt nachweisen, dass er die Daten vorschriftsmäßig ge-
          Wird es in zehn Jahren noch Scanner in den Arztpraxen geben?  löscht hat. Komplizierter wird es, wenn die Daten nicht nur auf einer Fest-
          Wir erwarten, dass der digitale Dokumentenaustausch zunehmen wird. Die   platte, sondern auch auf Bändern oder WORM-Medien gesichert sind. Dann
          Telematikinfrastruktur bietet die entsprechenden Ansätze, beispielsweise   stellt sich die Frage, ob die Datei physikalisch gelöscht werden muss oder ob
          mit der Möglichkeit zur Versendung von elektronischen Arztbriefen oder di-  es ausreicht, den Verweis auf das Originalbild zu löschen. Denn in einem
          gitalen Laborbefunden. Allerdings wurden bei der Vergütung des sogenann-  Bandverzeichnis können Sie eigentlich kein einzelnes Bild löschen. Hierüber
          ten eArztbriefs die falschen finanziellen Anreize geschaffen, weshalb heute   gibt es zurzeit eine große Diskussion in der Branche. Aber das wird sich alles
          das Fax nach wie vor das Kommunikationsmedium Nummer 1 in den deut-  noch klären.<





        manipuliert hat. Für diese Historisierung ver-  Auskunft darüber, zu welchem Zeitpunkt ein   Mit der Einführung der Telematikinfra-
        wendet sie die Uhrzeit des Betriebssystems als  Dokument ins Archiv aufgenommen oder ein  struktur (TI) und Anwendungen wie dem elek-
        Zeitstempel und die Log-in-Daten der Praxis-  Eintrag verändert wurde. Ein elektronischer  tronischen Arztbrief wird die elektronische
        mitarbeiter. Wer die Integrität und Authenti-  Zeitstempel ist genauso fest mit dem zugehö-  Signatur Einzug in die Arztpraxen halten. Zur
        zität seiner archivierten Dokumente offiziell  rigen Dokument verbunden wie der Postein-  Erzeugung der elektronischen Signatur benö-
        bestätigt haben möchte, sollte mit extern ge-  gangsstempel auf einem Papier. Dies geschieht,  tigt der Arzt einen elektronischen Heilberufs-
        nerierten Zeitstempeln und elektronischen  indem ein Algorithmus gewissermaßen beim  ausweis. Beim Scannen von mehreren Doku-
        Signaturen arbeiten, wie es auch Bundesärz-  „Stempeln“ eine Zeichenfolge, einen sogenann-  menten muss der Arzt oder Praxismitarbeiter
        tekammer und KBV empfehlen.        ten Hashwert, generiert, der abhängig ist vom  jedoch nicht jede Seite einzeln mit dem Heilbe-
          Die technischen und organisatorischen De-  jeweils signierten Dokument. Bei einer nach-  rufsausweis signieren, sondern kann von einer
        tails der qualifizierten elektronischen Signatur  träglichen Manipulation des Dokuments stimmt  Komfortfunktion, der Stapelsignatur, Gebrauch
        oder des qualifizierten elektronischen Zeit-  der Hashwert des Dokuments nicht mehr mit  machen. Dies bedeutet, dass der Arzt oder
        stempels sind in der eIDAS-Verordnung (elec-  dem im Zeitstempel enthaltenen Hash-  Praxismitarbeiter den Signaturvorgang nur
        tronic IDentification, Authentication and trust  wert überein. Im Umkehrschluss gilt: Wenn der  ein Mal auslöst und dieser dann automatisch
        Services) festgelegt. Diese EU-Verordnung hat  Hashwert identisch ist, ist dies der Beweis da-  auf mehrere gescannte Seiten angewandt wird.
        das deutsche Signaturgesetz abgelöst.  für, dass das Dokument nicht nachträglich    Elektronische Signaturen und Zeitstempel
          Mit der qualifizierten elektronischen Sig-  verändert wurde. Damit er vor Gericht zu einer  bieten Sicherheit vor Manipulationen, nicht
        natur bestätigt der Unterzeichner, dass das  sogenannten Beweiswerterhöhung führt, muss  aber vor dem Löschen eines Dokuments. Ge-
        Scanergebnis mit dem Original übereinstimmt.  der Zeitstempel von einem vertrauenswürdi-  richte beschäftigen sich in der Regel nur mit
        Der elektronische Zeitstempel entspricht dem  gen Drittanbieter stammen. Solche zertifizier-  der Echtheit von Dokumenten, also mit Zeit-
        Posteingangsstempel auf einem Brief. Er gibt  ten Zeitstempeldienste sind kostenpflichtig.   stempeln und Signaturen. Ein nicht vorhande-

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